Die unsägliche Strompreisdebatte der letzten Monate und Jahre hat uns vor Augen geführt, wie stark der Einfluss der Energiekonzerne auf die Medienlandschaft ist. Tatsachen wurden einfach verdreht, es wurde suggeriert, die Erhöhung des Strompreises sei den Energien Energien anzulasten. Doch die falschen Darstellungen werden nicht wahrer dadurch, dass man sie gebetsmühlenartig wiederholt. Die eigentlichen Kostentreiber sind nunmal die konventionellen Energien einschließlich der Atomkraftwerke. Warum das so ist, wird in einer Studie des FÖS sehr gut aufgeschlüsselt. Sehenswert ist auch der Film "Leben mit der Energiewende" oder der Beitrag von Frontal 21 zum Strompreisparadox.
Damit endlich sichtbar wird, wer die Kostentreiber beim Strompreis sind, hat Projekt21 Plus eine Email-Aktion ins Leben gerufen für eine "Transparente EEG-Umlage"
Voraussichtliche Strompreisentwicklung der nächsten Jahre
unter Annahme eines sofortigen Atomausstiegs
Vor Kurzem erst hat das Okö-Institut im Auftrag von Greenpeace eine fundierte Prognose zu den Kosten der Stromversorgung 2014 erstellt Demnach könnten die Strompreise für private Haushalte im Jahr 2014 sogar sinken.
Unser Ziel ist jedoch ein sofortiger Atomausstieg. Deshalb sollten wir auch die Frage stellen, wie sich der Strompreis bei einem solchen Szenario - dem Stilllegen der noch bertiebenen AKW innerhalb eines Jahres - entwickeln würde.
Leider gibt es dazu keine Untersuchuchungen. Doch die Faktoren, die heute den Strompreis beeinflussen, bestünden zum großen Teil auch nach einem Sofortausstieg. Wir haben sie im Folgenden gegenüber gestellt. Unsere Einschätzung ist: Bei vernünftigen politischen Rahmenbedingungen würde der Strompreis für private Haushalte stabil bleiben und in absehbarer Zeit sogar sinken. Betrachtet man darüber hinaus die Belastungen von Staatshaushalt und Gesundheitswesen, schneiden konventionelle Kraftwerke wesentlich schlechter ab als die Erneuerbaren Energien:
Preissenkende Faktoren:
- ab 2014 kommen die niedrigeren Preise für sog. Futures aus dem Jahr 2012 (und später) zum Tragen, sofern die Versorger diese Preissenkung an die Verbraucher weitergeben.
- Senkung der EEG-Umlage durch auslaufende Vergütungen alter, teurer Solaranlagen.(Siehe Artikel des Umweltinstituts München)
- Umverteilung der Netzentgelte und EEG-Umlage auf alle Verbraucher einschließlich der Industrie (mit Ausnahme nur weniger stromintensiver Unternehmen)
- Voller Einsatz des Stroms aus Erneuerbaren Energien, d.h. weniger Abregelungen und dadurch weniger Entschädigungszahlungen (die aus der EEG-Umlage finanziert werden).
- Weiterer Ausbau Erneuerbarer Energien, denn dadurch erhöht sich wieder das Stromangebot an der Börse
- Vermehrter Einsatz von Speichern und Steuerungssystemen für die Regel- und Spitzenenergie. Dadurch fallen teure "Must-Run-Kapazitäten" weg.
- Volle Ausschöpfung der Energieeffizienz und des Lastmanagements besonders in der metallverarbeitenden Industrie sowie in Kühlhäusern. Dieses Potential könnte aktiviert werden, indem z.B stromintensive Unternehmen wie die in der Aluminiumindustrie nur dann von Abgaben befreit werden, wenn sie im Gegenzug in Maßnahmen zur Energieeffizienz investieren.
Preiserhöhende Faktoren:
- Schaltet man 9 Atomkraftwerke und 15 Braunkohlemeiler ab, steigt zunächst der Stromanteil aus teureren Steinkohle-, Öl- und Gaskraftwerken. Das wirkt sich in dem Maße aber nicht sofort auf private Verbraucher aus.
- Ausbau der Netze, was größtenteils über die Netzentgelte bezahlt wird
- Erhöhung des Börsenpreises im Falle einer wirksameren Klimapolitik in der EU. Gleichzeitig würde allerdings auch die EEG-Umlage sinken. (siehe obige Studie des Ökoinstituts)
- Erhöhung der EEG-Umlage im Falle einer überproportionalem Förderung der Offshore-Windparks und der Entschädigung aufgrund fehlender Netzanschlüsse
- Die Weiterführung der unfairen Firmenpolitik der Energiekonzerne, bei der die Senkung der Einkaufskosten nicht an Privatkunden weitergegeben wird.
Die zwei letzten dieser Faktoren zu beseitigen oder abzumildern, wäre nicht nur wünschenswert, sondern auch möglich.
In diesem Fall würden die positiven Auswirkungen auf den Strompreis die negativen übertreffen oder zumindest ausgleichen, je nachdem wie schnell die Wende zu den Erneuerbaren, zu Speicherungssystemen und zu stärkerer Energieeffizienz vollzogen wird.
Gesamtkosten und -einsparungen
Der Strompreis ist jedoch nicht der einzige Gradmesser für die Kosten der Stromerzeugung.
Generell kann man sagen, dass die Produktion aus konventionellen Kraftwerken (inkl. der AKW) die Gemeinschaft finanziell belastet, während Erneuerbaren Energien aufs Ganze gesehen mehr Kosten einsparen als sie über die EEG-Förderung verursachen:
Auf die Gemeinschaft abgewälzte Kosten durch konventionelle Stromerzeugung
- Finanzhilfen und Steuervergünstigungen. Auch heute noch zahlen die Steuerzahler allein der Atomindustrie umgerechnet 2,6 ct/kWh
- Zukünftige Förderungen für die Sanierung von Asse und Morsleben, für den Rückbau der AKW, die Entsorgung von schwach- und mittelradioaktivem Müll sowie höchstwahrscheinlich auch für Suche und Bau eines Endlagers. (Man schätzt all diese Kosten auf mindestens 100 Mrd. €).
- Umweltsanierungs- und Gesundheitskosten Diese sind besonders hoch, wenn man die Folgen eines Atomunfalls (proportional zur Eintrittswahrscheinlichkeit) mit einrechnet.
Nach den Berechnungen des FÖS würde eine "konventionelle-Energien-Umlage" zwischen 10,2 und 13,7 ct/kWh betragen, sie wäre also etwa doppelt so hoch wie die EEG-Umlage.
Kosteneinsparungen durch die Erneuerbaren Energien
- Vermiedene Umweltschäden (5,8 Mrd €)
- Vermiedene Gesundheitskosten
- Steuer- und Pachteinnahmen auf kommunaler Ebene vor allem durch Arbeitsplätze in der EE-Branche (8,9 Mrd. € im Jahr 2011)
Zusammengerechnet belaufen sich diese Entlastungen auf mind. 17,2 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Vergütungen an Betreiber von EE-Anlagen betrug im Jahr 2012 insg. 12,7 Mrd. €. In den nächsten Jahren wird sich diese Summe auch nicht übermäßig erhöhen.
Warum das Stilllegen der restlichen Atomkraftwerke in Deutschland sofort möglich ist, erläutern wir hier.
aktualisiert am 18.08.2013, Anika Limbach
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