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Auf Initiative von "AntiAtomBonn" hat der Stadtrat Bonn am 25. Februar (um 22:55 h) eine Resolution gegen das AKW Tihange einstimmig, ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen, verabschiedet. Er spricht sich damit für die unverzügliche und dauerhafte Abschaltung des Atomkraftwerks in Tihange aus.

Den Antragstext geben wir hier in voller Länge wider:

 

Der Rat der Stadt Bonn fordert die nordrhein-westfälische Landesregierung und die Bundesregierung
auf, sich für eine unverzügliche und dauerhafte Abschaltung des Atomkraftwerks Tihange einzusetzen
und dazu ihre jeweils unterschiedlichen - rechtlichen - Möglichkeiten zu nutzen.
Dazu gehören:

  • Informationsansprüche nach europäischem Recht gegen die belgischen Behörden geltend zu machen und ggf. einzuklagen, bzw. dies zu unterstützen
  • die Europäische Kommission aufzufordern, dass diese ihre Informationsansprüche gegen Belgien geltend macht,
  • eine Klage beim belgischen Staatsrat gegen die (Wieder-) Zulassung der Wiederinbetriebnahme von Tihange 2 einzureichen bzw. zu unterstützen
  • zusätzlich eine Klage vor einem ordentlichen Gericht in Brüssel, mit dem Ziel, die Stilllegung von Tihange 2 zu betreiben, einzureichen bzw. zu unterstützen.

Zudem fordert der Rat die Landes- und Bundesregierung auf, für einen möglichen nuklearen Ernstfall ein bilaterales Abkommen mit Belgien zu vereinbaren und ein grenzüberschreitendes Katastrophenschutzkonzept zu erarbeiten bzw. zu überarbeiten.

Gleichzeitig appelliert die Stadt Bonn an die belgische Regierung und an die belgische Atomaufsicht, die Betriebsgenehmigung für das Atomkraftwerk Tihange zurückzunehmen.

Begründung:

In Belgien, etwa 60 km westlich der Stadt Aachen betreibt der Energiekonzern Elecstrabel das Atomkraftwerk Tihange mit insgesamt drei Blöcken sowie bei Antwerpen des Atomkraftwerk Doel mit vier Blöcken. In den letzten Jahren ist es in den beiden Anlagen zu einer Vielzahl von Störfällen
gekommen:
Etliche Male mussten die verschiedenen Reaktoren infolge von Bränden, Ausfall von Pumpen usw. notabgeschaltet werden. Ein Abklingbecken verliert in Tihange seit Jahren radioaktives Wasser, ohne dass die Ursache geklärt wäre. Auf dem Gelände des Atomkraftwerks Tihange wurde eine scharfe Bombe aus dem 1. Weltkrieg gefunden. Mitarbeiter des Kontrollraums des Atomkraftwerks wurden wegen Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften vom Dienst suspendiert. Alle 1000 Mitarbeiter*innen des Atomkraftwerks mussten wegen mangelhafter Sicherheitskultur zu Nachschulungen. Im Atomkraftwerk Doel gab es 2014 einen Sabotageakt von Mitarbeitern, der zur Notabschaltung eines Blocks führte und bis heute nicht aufgeklärt ist.
Besonders problematisch sind darüber hinaus zwei politische Entscheidungen:

  • Die belgische Regierung hat den Weiterbetrieb der Blöcke Tihange 2 und Doel 3 genehmigt, obwohl die Druckbehälter dieser Reaktoren tausende Risse aufweisen. Die Ursache der Risse ist umstritten und selbst atomkraftbefürwortende Fachleute halten den Weiterbetrieb dieser Reaktoren für unverantwortlich. Der Druckbehälter ist das entscheidende Bauteil zum Schutz der Umgebung vor Radioaktivität.
  • 2014 beschloss die belgische Regierung die ältesten Reaktorblöcke Tihange 1 und Doel 1 und 2 (Inbetriebnahme 1975) nicht - wie seit 2003 geplant – 2015 stillzulegen, sondern die Laufzeiten um zehn Jahre bis 2025 zu verlängern. Diese Reaktorblöcke gehören zu den ältesten in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken Europas.

Gegen den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke Tihange und Doel gibt es nicht nur in Belgien, sondern auch in den Niederlanden und Deutschland erheblichen Widerstand. Im Falle eines Unfalls würde austretende Radioaktivität bei den vorherrschenden Westwindlagen nach Deutschland und in die Niederlande getragen.