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Der diesjährige Transport von zwölf hochradioaktiven Castorbehältern aus der französischen Plutoniumfabrik La Hague ins wendländische Gorleben wird voraussichtlich um einen Tag vorgezogen. Der Zug startet am Freitag, den 10. November 2006 in der Normandie und wird am 12./13. November 2006 im Wendland erwartet. Die „fünfte Jahreszeit“ im Wendland steht vor der Tür. Auch 2006 beteiligen wir uns vor Ort an den vielfältigen Aktivitäten gegen die Atomtransporte nach Gorleben. Sind die jährlichen Proteste nicht mittlerweile Folklore? Warum stellen wir uns weiter quer?

Schon aufgrund ihrer enormen Gefährlichkeit provoziert die Atomwirtschaft wie keine zweite eine polizeiliche und militärische Absicherung. Gleichzeitig hinterlässt sie der Nachwelt ihr strahlendes Erbe mit todbringenden Folgen. Die derzeitige Forderung der Wissenschaft für die Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll ist ein weltweit nicht zu erbringender Sicherheitsnachweis über 1 Million Jahre.

Es werden also 50.000 Generationen der Strahlung ausgesetzt, nur weil „heute“ die Atomindustrie finanziell den Hals nicht voll genug bekommen kann. Ein unvorstellbarer Zeitraum, voller geologischer Umbrüche, Eiszeiten und diverser anderer Unwägbarkeiten. Hätten die Neandertaler ein nukleares Feuer entfacht, es würde heute noch brennen. Und niemand könnte es löschen.

arbeiterfotografie.comEs geht den Atomstromern ausschließlich um gigantische Geldsummen. Und selbst an der Entsorgungsmisere lässt sich verdienen: Die deutschen Atommüller haben steuerfrei über 35 Milliarden Euro Rückstellungen für zukünftige Entsorgungskosten auf ihre Finanzhalden getürmt. Ein gigantisches Vermögen, ein gigantisches Machtmittel. Schamlos kaufen sie sich mit den Müllmilliarden in neue monopolartige Stellungen, wie die Wasserwirtschaft oder Verpackungsindustrie ein.

Die über 60jährige Geschichte der Atomkraft ist eng mit dem militärischen Bereich verknüpft. Die sogenannte zivile Nutzung ist ein späteres Nebenprodukt aus der Atombombenforschung. Aus militärischem Interesse befinden sich in den klassischen Atombombenstaaten deshalb auch die Wiederaufarbeitungsanlagen (WAA), in denen Plutonium abgetrennt wird.

Die Anti-Atom-Bewegung als soziale Bewegung ist ein wesentlicher Bestandteil im Kampf gegen die global player. Gorleben beispielsweise, als sozialer Ort im Widerstand, bietet Visionen und kommunikativen Platz für ein Umdenken. Der Widerstand wird „von der Oma bis zum Enkel“ in einer fantasievollen bunten Mischung mitgetragen. Der inzwischen 28jährige kontinuierliche Kampf für ein gemeinsames Ziel führt die unterschiedlichsten Menschen zusammen und ermöglicht darüber hinaus einen Austausch über viele andere Missstände.

Die gemeinsame Erfahrung der Kriminalisierung und Entrechtung schweißt zusammen. Die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit, freie wahrnehmbare Meinungsäußerung und informationelle Selbstbestimmung werden regelmäßig mit Polizeistiefeln getreten. Demonstrationsverbotszonen von 70 km Länge und zwischen 100 m bis 500 m Breite werden regelmäßig gegen die Proteste der Bevölkerung verhängt. Gorleben hat bislang die neun größten Polizeieinsätze der Nachkriegsgeschichte erlebt. Mit dem nächsten Transport wird die zweifelhafte „Hitparade“ der Polizeieinmärsche komplett. Herzlich willkommen zur Besichtigung des real existierenden Atomstaats!

Stopp Castor...Stopp Atomstaat...Stopp Polizeistaat...

Wir sind keine „kriminellen Chaoten“, sondern Menschen, die Verantwortung für sich und ihre Kinder übernehmen und eine lebenswerte Umwelt zu verteidigen haben. Jeder Atommülltransport in die oberirdische Gorlebener Zwischenlagerhalle macht ein Endlager im Gorlebener Salzstock wahrscheinlicher. Dabei ist seit über 2 Jahrzehnten wissenschaftlich die Untauglichkeit nachgewiesen. Über Grundwasserkontakt gelangen die radioaktiven Isotope ungeschützt in die Biosphäre.

Museumsdorf für technische Fehlentwicklungen statt Atommüllklo

Wir fordern, die Gorlebener Atomanlagen in ein "Niedersächsisches Museumsdorf für technische Fehlentwicklungen des 20. Jahrhunderts" umzuwandeln. Dort könnte die Gefährdung der Biosphäre durch den sogenannten „Kernbrennstoffkreislauf“ dargestellt, erläutert und dokumentiert werden. Allerdings müsste die Castorhalle, die laut Betreiber nur ein Wetterschutz ist, noch abgedichtet werden, bevor sie als Museum dienen könnte. Ein Bruchteil der bisherigen Polizeieinsatzkosten würden mit Sicherheit für das Museumsprojekt ausreichen.

Atomkraft oder Demokratie?

Wir gehen auf die Strasse, um unsere Rechte einzufordern. Der Polizeiapparat soll wieder einmal eine hochgefährliche und unsinnige Energiepolitik gegen den Willen und auf Kosten der Bevölkerung durchknüppeln. Wir müssen zusammen darum kämpfen, dass unsere in der Verfassung garantierten Grundrechte nicht weiter mit Polizeistiefeln getreten werden. Wir haben das Recht auf körperliche Unversehrtheit, Demonstrationsfreiheit, freie wahrnehmbare Meinungsäußerung und informationelle Selbstbestimmung. Niedersachsens Innenminister hat angekündigt: “Wer sich in Gorleben ankettet, hat mit einem Gentest zu rechnen...“ Nicht im Grundgesetz festgeschrieben ist, dass die Atomindustrie ein Recht hätte, auf Kosten unserer Gesundheit und der zukünftiger Generationen Profite einzufahren, mit der unverantwortlichen Produktion hochgiftiger Stoffe, die noch in 1 Million Jahre tödliche Folgen haben werden.

Es kann nicht angehen, dass jede Imbissbude, die nicht nachweisen kann wie sie ihr Fett entsorgt sofort dicht gemacht würde, während die Betreiber von Atomanlagen trotz einer über 60jährigen Historie einer weltweit ungelösten und unlösbaren „Entsorgung“ unter Polizeischutz gestellt werden! Wir werden uns weiter entschieden dagegen zur Wehr setzen. Kommt zahlreich und beteiligt euch mit bunten und fantasievollen Protesten entlang der Transportstrecke und rund um Gorleben.

Für den sofortigen Ausstieg aus der Atomindustrie!

Um uns rechtzeitig vorzubereiten, um Pläne zu schmieden und sich vor der gemeinsamen Fahrt ins Wendland kennenzulernen, laden wir ein zu einem Infoabend für alle Bonnerinnen und Bonner, die aktiv werden wollen gegen radioaktiv.
26. Oktober 2006, 19.30 Uhr, Ökozentrum Bonn, Sandkaule 2/Eingang Josefstr. 1 (Nähe Bertha-von-Suttner-Platz)

außerdem:
Treffen der Anti-Atom-Gruppe Bonn mit Infos für alle WendlandfahrerInnen aus Bonn und Umgebung
07. November 2006, 19.30 Uhr, Oscar-Romero-Haus, Heerstr. 205 

Weitere Informationen:
www.castor.de

www.ausgestrahlt.de