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Ungläubiges Staunen bis Fassungslosigkeit. Wenige Bonnerinnen und Bonner konnten die Rette-sich-wer-kann-Aktion vom vergangenen Samstag auf dem Bottlerplatz unberührt hinter sich lassen. Zu beklemmend ist das Gefühl, nachdem klar wird, das viele Atomanlagen doch sehr nah an Bonn liegen und wie sich unsere Verwaltung auf Unfälle vorbereitet - nämlich überhaupt nicht. Die TeilnehmerInnen am Rette-sich-wer-kann-Quiz (Fragen und Lösungen siehe unten), waren sich am Ende meist einig: Alle Atomanlagen abschalten! Nur so könnten wir ein zweites Fukushima vermeiden. Doch mit der Aktion wurde nicht nur auf atomare Gefahren aufmerksam gemacht, sondern auch der Film "Das Ding am Deich" (Vorführung in Bonn: WOKI-Kino am 19.11. um 20:15) beworben. Insgesamt ein sehr erfolgreicher Tag, der auch langjährige AktivistInnen zum grübeln brachte.

 

AntiAtom-Quiz

12 Fragen und Antworten

zum Katastrophenschutz und den Gefahren der Atomkraft

 

 

1. Die bestehenden Katastrophenschutzpläne sollen im Falle eines schweren AKW-Unfalls die betroffen Bevölkerung schützen.

Von welcher Menge an freigesetzter Radioaktivität gehen die Pläne in der Regel aus?

A. von 80 % des radioaktiven Inventars im Unfall-Reaktor?

B von 50 % des Inventars?

C von 20 % des Inventars?

D von 10 % des Inventars?

 

D ist korrekt, für einen schlimmeren Unfall gibt es keine Pläne.

In Tscherobyl z.B wurden ca 95 % des Inventars in die Luft geschleudert.

 

 

2. In einer Studie vom Bundesamt für Strahlenschutz wurde errechnet, welche Gebiete noch Jahrzehnte nach einem schweren Unfall in einem AKW unbewohnbar wären.

Wie groß ist der Radius, in dem sich diese Gebiete befinden würden?

A max. 25 km um das AKW?

B max. 90 km?

C max. 170 km?

D max. 300 km?

 

C ist korrekt.

Die Studie geht nur von einer Freisetzung der Radioaktivität von 10 Prozent aus. Es sind also auch schlimmere Unfälle denkbar, dann wäre D korrekt.

(Dies ist aber nicht Gegenstand der Studie).

 

 

3. Welche Katastrophenschutzmaßnahmen sind von der Stadt Bonn geplant für den Fall, dass ein schwerer Unfall in Tihange (131 km entfernt) oder Cattenom (160 km entfernt) geschieht?

A keine

B Evakuierung der Bevölkerung

C Austeilen von Jodtabletten

D Dekontamination

 

A ist korrekt, weil sich Bonn außerhalb der "Fernzone" von 25-100 km befindet. Schutzmaßnahmen wären trotzdem notwendig, evtl sogar eine Evakuierung. Pläne dafür gibt es abe nur für die Bevölkerung im Umkreis von 10 km.

 

 

4. Nehmen wir an, in Tihange gäbe es einen schweren Unfall, durch den sofort Radioaktivität freigesetzt würde. Nehmen wir ebenfalls Westwind und eine frische Brise an (Windstärke 5, 5 m/s). Wie lange würde es dann dauern, bis radioaktive Strahlung in Bonn ankommt?

A ca. Ein Woche?

B 2-3 Tage?

C 7-8 Stunden?

D 4-5 Stunden?

 

C ist korrekt (hochgerechnet nach Greenpeace-Studie für Neckarwestheim). Bei stärkerem Wind geht es schneller.

 

 

5. Wie stark Bonn in einem solchen Fall verstrahlt würde, ist natürlich von der

Menge der freigesetzten Radioaktivität und vom Wetter abhänigig. Eine starke Verstrahlung nach so einem Unfall ist aber niciht unwahrscheinlich (meistens Westwind).

Nehmen wir an, die unmittelbare Strahlenbelastung der Menschen in Bonn würde innerhalb von Gebäuden ca. 1000 Millisievert betragen.

Welches Gesundheitsrisiko geht damit einher?

A keine akuten Folgen, aber erhöhtes Krebsrisiko

B neben erhöhter Krebsgefahr akute Symptome wie Hautrötungen, vereinzelt Übelkeit, Erbrechen

C stark erhöhte Krebsgefahr sowie 20 Prozent schnell auftretende Todesfälle

D akute Sterblichkeit in etwa 50 Prozent der Fälle

 

C ist korrekt. Bei einem Aufenthalt im Freien wäre D korrekt.

 

 

6. Normalerweise liegt der Grenzwert für radioaktive Strahlung bei 1 Millisievert pro Jahr.

Im Falle eines Super-GAUs wird dieser Grenzwert erhöht, wie das Beispiel Fukushima zeigt. Wie hoch ist momentan der Grenzwert in der Provinz Fukushima (bzw der Richtwert für eine Evakuierung)?

A 5 mal höher als normal?

B 10 mal höher als normal?

C 20 mal höher?

D 25 mal höher?

 

C ist korrekt: 20 Millisievert pro Jahr.

 

 

7. Wie hoch ist in Deutschland der Richtwert für eine Evakuierung im Falle eine atomaren Unfalls?

A 10 mSv/pro Jahr?

B 20 mSv?

C 50 mSv?

D 100 mSv?

 

D ist korrekt.

 

 

8. Vor ein paar Wochen wurde der Stresstest europäuscher Atomkraftwerke der Öffentlichkeit vorgestellt. Auf welchen Informationen beruhen die Ergebnisse dieses Tests überwiegend?

A auf den vor Ort ermittelten Informationen der Prüfer?

B auf den Angaben der Betreiber?

C auf den Angaben von Aufsichtsbehörden?

D auf den Erkenntnissen von unabhängigen Gutachtern?

 

B ist korrekt.

 

 

 

9. Welche Risiken wurden bei dem Stresstest einbezogen?

(Mehrfachnnenung möglich)

A Gefahr von Erdbeben

B Gefahr von Flugzeugabsturz

C Gleichzeitiger Ausfall verschiedener Sicherheitssysteme

D Auftreten von Rissen im Reaktorbehälter

 

nur A ist korrekt.

"Bei einem Sicherheitscheck dieser Art geht man davon aus, dass im normalen Betrieb alles perfekt funktioniert."

Zitat aus "Die Mär von den socheren deutschen Reaktoren" auf tagesschau.de

 

 

10. Welche Risiken wurden trotz des lückenhaften Stresstests in deutsche AKW gefunden? (Mehrfachnennung möglich)

A Viele AKW sind unzureichend gegen Erdbeben oder Hochwasser gesichert

B Die AKW haben kein Notfallmanagementsystem

C Bei Stromausfall droht schon nach ca. 40 Minuten ein Überhitzn des Reaktorkerns

D Materialermüdung

 

A und B ist korrekt.

C trifft auf 4 Reaktoren in Schweden zu

D wurde nicht untersucht

 

 

11. Wie teuer wäre Atomstrom, wenn man die versteckten und externen Kosten der Atomenergie für das Jahr 2012 in den Strompreis reinrechnen würde?

(Geschätzt auf Grundlage seriöser Studien)

A ca. 25 Cent, also kein Unterschied zum eigentlichen Strompreis?

B ca. 35 Cent, also 10 mehr als normal?

C ca. 58 Cent, also mehr als das Doppelte?

D ca. 2 Euro, also 4 mal höher als normal?

 

C ist korrekt (nach einer Studie von greenpeace-Energy)

Würde man die vergangenen Fördersummen und die Folgekosten in der Zukunft ebenfalls berücksichtigen. käme man sicher auf den Wert von D und darüber hinaus.

 

 

12. Welche Maßnahmen wären notwendig, um die beschriebenen Gefahren erheblich zu verringern?

A Die noch betriebenen Atomkraftwerke nachrüsten

B Den Katastrophenschutz verbessern und auf 200 km ausweiten

C Dafür sorgen, dass alle Haushalte vorsorglich mit genügend Jodtabletten ausgestattet sind.

D Alle Atomanlagen für immer stilllegen.

 

Natürlich ist nur D zutreffend.

Die anderen Maßnahmen können die Gefahr höchsten minimal verringern.

Erläuterungen zu den Fragen:

 

Zu Frage 2.

 

In einer anderen Studie geht man davon aus, dass sogar das Gebiet in einem Umkreis von 500 km unbewohnbar werden könnte:

"Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass ein durchschnittlicher Atomreaktor eine solche Kontamination in einem Umkreis von 500 Kilometern verursachen kann."

Zitat aus einem Blog-Artikel der TAZ-Bewegung:

http://bewegung.taz.de/organisationen/contratom/blogeintrag/studie-vorsorge-unzureichend-risiko-hoch-%E2%80%93-ein-gau-wuerde-halb-europa-verseuchen

 

 

Zu Frage 5

 

Das zugrunde gelegte Szenario (von 4000 bis 6000 Millisievert Strahlenbelastung) richtet sich nach folgenden Parametern:

In einer Grennpeace-Studie für Neckarwestheim geht man von einem Unfall aus, in dem 50 Prozent des rafioaktiven Inventars freigesetzt wird. Außerdem wird eine schwache Brise von durchschnittlich 1,5 m/s angenommen. Die 50 km entfernt lebende Bevölkerung wäre nach diesen Berechnungen einer Strahlenbelastung von über 1000 Miilisievert innerhalb von Gebäuden und über 4000 Millisievert außerhalb von Gebäuden ausgesetzt (ohne Niederschlag).

Jenseits von 100 km würde die Belastung unter 300 bzw unter 1000 ms sinken.

Die Wetterverhältnisse zwischen Tihange und Bonn sind jedoch etwas anders.

 

 

 

In dieser Simulation der Wiener Universität für Bodenkultur wäre Bonn (aufgrund des durchaus wahrscheinlichen Westwindes) der Strahlenbelastung genauso stark ausgesetzt wie beispielsweise Maastricht, das etwa 50 km von Tihange entfernt ist. Daher habe ich aus der Greenpeace-Studie die Werte für die 50 km-Entferung entnommen.

Natürlich sind auch weniger schlimme Szenarien möglich.

Die Bevölkerung um Fukushima beispielsweise hatte in Bezug auf den Super-GAU "Glück im Unglück". Nur etwa 10 Prozent des radioaktiven Inventars ist entwichen, es wurde nicht auf einen Schlag, sondern allmählich freigesetzt und etwa 80 Prozent der in den ersten Tagen und Wochen entweichenden Radioaktivität gelangte aufgrund der Wetterverhältnisse ins Meer.

Die Hohe Zahl an Todesopfern geht auf das Erdbeben und vor allem auf den Tsunami zurück.

 

Zu Frage 11:

 

Die genannten 58 Cent sind der obere Wert der Greenpeace-Studie plus der 16 Cent, die ein Endverbraucher auf den Börsenpreis draufzahlen muss.

Der untere Wert in der Studie ist etwa 26 Cent niedriger (umgerechnet also 32 Cent ohne EEG-Umlage). Die obere Marke erscheint uns jedoch realistischer, da er seriös berechnet ist, während der andere Wert Ergebnis einer recht willkürlichen Hilfsberechnung ist.

Allerdings spiegelt auch der obere Wert eine sehr vorsichtige Schätzung wider. Er ist also keine Obergrenze. Darüber hinaus sind die Kosten nur auf das Jahr 2012 bezogen. Die sog Ewigkeitskosten sind darin nicht enthalten.

 

Quellen:

 

http://www.ausgestrahlt.de/hintergrundinfos/sicherheit/katastrophenschutz.html

Greenpeace-Studie für Neckarwestheim:

http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/atomkraft/201102_Auswirkungen_Neckarwestheim_1.pdf

http://www.valerie-nitsche.de/?p=853

http://bewegung.taz.de/organisationen/contratom/blogeintrag/studie-vorsorge-unzureichend-risiko-hoch-%E2%80%93-ein-gau-wuerde-halb-europa-verseuchen

http://www.ippnw.de/index.php?id=637&expand=5319&cHash=31bfb9576f

http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/BfS-Studie_zusammenfassung.pdf

http://www.ausgestrahlt.de/presse/artikel/e65604be10/der-stresstest-war-ein-schnarchte.html

http://www.tagesschau.de/inland/akwstresstest108.html

http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1190528.html

Studie von Greempeace-Energy: "Was Strom wirklich kostet"

http://www.foes.de/pdf/2012-08-Was_Strom_wirklich_kostet_kurz.pdf

http://www.eurosolar.de/de/index.php?option=com_content&task=view&id=514&Itemid=26

http://www.ausgestrahlt.de/mitmachen/haftpflicht/hintergrund.html