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Bericht vom 2. „McPlanet“-Kongress, Juni 2005

Mehr leben, weniger kaufen. Oder: Wir müssen wieder Feldhamster werden

Konsum, Globalisierung und Umwelt: Diese Themen waren Programm des zweiten „McPlanet“-Kongress. Über 1500 Menschen aus der globalisierungskritischen und umweltbewegten Szene trafen sich Anfang Juni in Hamburg, darunter auch Vertreter der Bonner Anti-Atom-Gruppe. Der BUND, Attac und Greenpeace hatten gemeinsam den Kongress organisiert, der zusammenbringen sollte, was zusammengehört: Umweltschutz kann es nur mit sozialer Gerechtigkeit geben, soziale Gerechtigkeit funktioniert nur mit Umweltschutz. McPlanet machte deutlich: Diese einfache Grundformel Politischer Ökologie ist so aktuell wie nie, ob im Welthandelsregime oder beim Blick auf die eigenen Konsumgewohnheiten. Armut ist noch immer der größte Umweltzerstörer. Nur eine gerechte, nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen kann die Bereicherung einiger Weniger auf Kosten Vieler stoppen.

Einkaufswagenballett beim Kongress Zwar fand der Kongress in der Hamburger Universität statt, blieb aber alles andere als akademisch trocken. Dafür sorgten allein schon die vielen internationalen Gäste, die über die ganz alltäglichen sozialen und ökologischen Katastrophen in ihren Ländern berichteten: Wasser wird zur Ware, Gentechnik breitet sich aus, Meere werden leer gefischt.

Was aber tun? Dass die ökonomischen Abhängigkeiten der Entwicklungsländer zusammen mit westlichen Produktions- und Konsummustern am Anfang des Übels stehen, ist nichts Neues. Also Verzicht üben? Der Konsumverzicht, der von der Umweltbewegung gepredigt wurde, so bemerkte ein Teilnehmer der Eröffnungsdiskussion spitz, habe eher die Lust an der Umweltbewegung statt am Konsum verdorben. Dagegen müsse die von der Werbung vermittelte „Geschichte des Erfolgs“ durch den Erwerb einer neuen DSL-Leitung oder neuer Nike-Turnschuhe auseinander genommen werden.

An konkreten Beispielen dafür mangelte es auf dem Kongress nicht: „Globalisierungskritische Stadtführungen“ zeigten die Verbindungen zwischen unserem Konsum und den Auswirkungen in anderen Teilen der Welt auf, z.B. im Fall der Sportbekleidung einer bekannten multinationalen Markenfirma in der Filiale einer Klamotten-Kette nebenan in der Fußgängerzone. Beim „Subvertizing“ wurde das kreative Verunstalten von Werbebotschaften geübt. Die Performance „Smirnoff Unlimited“ hinterließ keinen Geschmack von Freiheit, sondern Müll und Kopfschmerzen. Billiger Konsum kommt uns allen letztlich teuer zu stehen – „...aber es macht auch verdammt noch mal mehr Spaß, anders zu leben“, so Martin Rocholl von Friends of the Earth Europe, dem europäischen Dachverband des BUND.

Natürlich geht es auch anders: Fairer Handel, Sozialstandards, ökologische Landwirtschaft. Was Konsumentenhoheit bedeutet, machte das Beispiel „Brent Spar“ deutlich. Mit Siegeln und Öko-Labels alleine ist die Welt aber nicht zu retten: „Das Primat der Politik darf nicht zum Primat des Konsumenten werden“, forderte Greenpeace-Campaigner Stefan Flothmann. Trotz der - ganz individuellen – Souveränität eines jeden Konsumenten, ein Produkt zu boykottieren und ein zertifiziertes, ökologisch besseres Produkt zu wählen, seien die politischen Rahmenbedingungen nicht zu vernachlässigen. Durch den Konsum von Ökostrom und den Ausbau Erneuerbarer Energien wird eben noch kein Atomkraftwerk von alleine abgestellt. Der Einkauf im Eine-Welt-Laden bringt die WTO noch nicht zu Fall.

Notwendig ist und bleibt daher vor allem das Lobbying für eine „Re-Regulierung“ z.B. durch Kontrolle internationaler Finanzmärkte, Schuldenerlass, Kerosin- und Devisen-Transaktionssteuern. Mit einem fundierten Plädoyer machte Peter Wahl von WEED hier Mut auf der Suche nach dem „neuen Geld für die Eine Welt“.

Die guten Ideen bleiben jedoch wirkungslos ohne eine „Kernkompetenz“ der Umwelt- und globalisierungskritischen Bewegung: Druck von unten machen. So rief Sven Giegold von attac  dazu auf, mit Aktionen zivilen Unghorsams „gemeinsam die Systemfrage zu stellen“. Ökologie und Neoliberalismus seien unvereinbar. Dem ökologischen und sozialen Rollback, der unabhängig vom Wahlergebnis nach der Bundestagswahl drohe, sei man nicht gewachsen, wenn man weiterhin nur  seinen einzelnen Feldhamster verteidige.

Dabei ließe sich gerade bei uns in NRW vom Feldhamster lernen: Ein sympathisches  Gemeinschaftswesen, das beharrlich für die Zukunft vorsorgt und zu Unrecht von den Regierenden verspottet wird. Aber der Feldhamster kann kräftig graben. Und er taucht manchmal auch unverhofft dort auf, wo es gilt, umweltfeindliche Großprojekte zu untergraben.